Offene Fragen in der Hörgeräteberatung

Aktives Zuhören symbolisiert duch einen Mann der auf ein Ohr zeigt

Eine der sechs Säulen der personzentrierten Versorgung.

Viele Menschen erwarten in der Hörgeräteberatung vor allem Technik. Messwerte, Modelle, Einstellungen. Doch bevor ein Gerät ausgewählt wird, entsteht etwas Wichtigeres: ein Gespräch, das zeigt, wie Sie Ihr Hören wirklich erleben.

Offene Fragen geben Raum dafür. Sie holen nicht nur Antworten ab, sondern Einblicke. Sie zeigen, wo im Alltag Hörstress entsteht, welche Situationen Sie vermeiden und was Sie sich wünschen.

Auf den Punkt gebracht:
Offene Fragen machen sichtbar, was man im Audiogramm nicht erkennt. Erst dadurch wird klar, welche Einstellungen, Funktionen und Ziele wirklich zu Ihnen passen.

Was offene Fragen bedeuten

Eine offene Frage ist einfach formuliert und beginnt mit Wie, Was oder „Erzählen Sie mir…“. Sie lädt ein, statt zu lenken.

Ein guter Akustiker nutzt offene Fragen, um:

  • Ihre persönliche Geschichte zu verstehen
  • Belastungen sichtbar zu machen, die man nicht messen kann
  • Alltagssituationen zu erkennen, die später entscheidend sind
  • Ihre eigenen Ziele klar herauszuarbeiten
  • den Fokus vom Gerät auf den Menschen zu lenken

Woran Sie gute offene Fragen erkennen

  • Sie dürfen in Ruhe erzählen
  • Ihre Beispiele werden ernst genommen und vertieft
  • Sie bekommen keine vorschnellen technischen Lösungen
  • Ihr Erleben steht im Mittelpunkt, nicht nur das Messblatt
  • Sie fühlen sich begleitet, nicht abgefragt

Warum offene Fragen wichtiger sind als das Audiogramm

Das Audiogramm misst, wann ein Ton hörbar wird. Es misst nicht:

  • wie viel Energie Zuhören kostet
  • welche Situationen Sie vermeiden
  • wann Sie sich unsicher fühlen
  • warum Lärm anstrengend geworden ist
  • wie stark der Hörverlust Ihr Leben beeinflusst

Gerade diese Faktoren entscheiden darüber, ob ein Hörgerät später wirklich hilft. Und sie werden nur sichtbar, wenn man offen fragt.

Wichtige Erkenntnis:
Offene Fragen zeigen die Gründe hinter den Symptomen. Genau diese Gründe bestimmen später den Erfolg der Versorgung.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Mann mit mittlerer Hörminderung sagt auf die Frage „Haben Sie Probleme beim Verstehen?“ nur: „Geht so.“

Erst die offenen Fragen zeigen das eigentliche Bild:

  • Am Ende des Tages ist Zuhören erschöpfend
  • Telefonate stressen ihn
  • Besprechungen laufen an ihm vorbei
  • Er bittet oft um Wiederholung und fühlt sich unwohl dabei

Nichts davon steht im Audiogramm. Alles davon verändert, wie man Hörgeräte auswählt und einstellt.

Wie offene Fragen Ihre Ergebnisse verbessern

Studien zeigen übereinstimmend:

  • Die Ziele werden individueller
  • Hörgeräte werden schneller akzeptiert
  • Sie werden häufiger und konsequenter getragen
  • Nachjustierungen verlaufen strukturierter
  • die Zufriedenheit steigt spürbar

Die sechs Säulen der personzentrierten Versorgung

Offene Fragen sind eine davon. Hier finden Sie die weiteren Bausteine:

Kurz zusammengefasst

Offene Fragen sind das Fundament einer guten Hörgeräteberatung. Sie zeigen, was Sie wirklich belastet und wohin die Versorgung zielen muss. Erst Ihre Geschichte macht sichtbar, was Technik im Alltag verbessern soll.

Quellen

Grenness C et al. (2015). Communication in audiology consultations. JAAA. DOI: 10.3766/jaaa.26.1.5

Parmar B et al. (2021). Experienced hearing aid users’ perspectives. Int J Audiol. DOI: 10.1080/14992027.2021.1998839

Bennett RJ et al. (2021). Psychosocial factors in audiology care. Am J Audiol. DOI: 10.1044/2021_AJA-20-00189

McNeice A et al. (2025). Client perspectives on communication. Int J Audiol. DOI: 10.1080/14992027.2025.2467775

Poost-Foroosh L et al. (2015). Client and clinician views. JAAA. DOI: 10.3766/jaaa.26.3.5

Autor: Maximilian Bauer, MSc Clinical Audiology
Stand: 07.12.2025, geprüft nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

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