Hearing Wellness – mehr als nur gutes Hören
von von Maximilian Bauer, MSc. Clinical Audiology (Kommentare: 0)
Was bedeutet Hearing Wellness laut Larry Humes?

Diese Grafik zeigt, was das Audiogramm nicht erfasst: Wie gut ein Mensch im echten Leben hört – und wie sehr das Gehirn daran beteiligt ist. Links die klassische Messung. Rechts das echte Leben. Dazwischen: das zentrale Hören.
Wenn wir in Deutschland über Hörgesundheit sprechen, geht es meistens um Hörtests, Vorsorgeuntersuchungen oder Hörgeräte. In den USA aber wird zunehmend ein anderer Begriff verwendet: Hearing Wellness. Klingt erstmal nach Spa oder Klangschale – ist aber deutlich mehr. Ich habe kürzlich den Podcast „Hearing Matters“ mit dem renommierten Audiologen Larry Humes gehört – und genau das hat mich aufhorchen lassen.
Was bedeutet Hearing Wellness laut Larry Humes?
Larry Humes definiert Hearing Wellness nicht einfach über das Hörvermögen im Audiogramm, sondern über den subjektiv empfundenen Einfluss des Hörens auf das Leben. Er verweist auf eine wichtige Zahl:
„Mehr als 26 Millionen Amerikaner über 50 haben ein völlig normales Audiogramm – und trotzdem Schwierigkeiten beim Verstehen.“
(Quelle: Hearing Matters Podcast mit Larry Humes, 2024)
In seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen (z. B. „An Approach to Self-Assessed Auditory Wellness“, Ear & Hearing, 2021) entwickelt Humes ein Konzept, bei dem Selbsteinschätzung, Teilhabe und kognitive Belastung im Zentrum stehen – nicht nur der Schallpegel.
Konkret schlägt er Instrumente wie den HHIE-S oder den Speech-in-Noise-Test als Maßstab für eine „auditory wellness“ vor. Diese Perspektive eröffnet einen neuen Zugang: Statt sich auf technische Grenzwerte zu verlassen, fragt man den Menschen: Wie gut fühlst du dich im Alltag auditiv unterstützt?
Und was ist dann „Auditory Wellness“?
Während „Hearing Wellness“ noch relativ nah an der klassischen Audiologie bleibt, geht „Auditory Wellness“ weiter: Es geht um das gesamte Erleben des Hörens – inklusive Hörverarbeitung, Aufmerksamkeit, akustische Umgebung, emotionale Reaktion auf Klänge und sogar auditive Ermüdung.
Larry Humes beschreibt dies in einem späteren Webinar als einen Übergang „from detection to comprehension“ – also von der reinen Hörbarkeit hin zum Verstehen, Mitfühlen und Teilnehmen.
Das ist besonders wichtig für Menschen mit:
- auditiver Verarbeitungsschwäche (z. B. bei Long-COVID oder ADHS)
- Hörstress in lauten Umgebungen trotz normalem Audiogramm
- eingeschränkter auditiver Resilienz im Alter
Warum das in Deutschland oft ganz anders verstanden wird
In den USA meint „Wellness“ meist: proaktive Gesundheitsförderung, Lebensstil, Selbstwirksamkeit. In Deutschland denken viele bei „Wellness“ eher an Sauna, Massagen oder Duftöle.
Auch der Begriff Vorsorge ist bei uns stark mit kassenärztlichen Leistungen verbunden – also mit Tests, Diagnosen, Früherkennung. Was fehlt, ist ein breiteres Verständnis von Hörvorsorge als Lebensqualität.
In Deutschland fragen wir: Wie gut ist Ihr Gehör?
Hearing Wellness fragt: Wie gut kommen Sie mit Ihrem Gehör durchs Leben?
Fazit: Ein neuer Denkrahmen für Hörgesundheit
Hearing und Auditory Wellness könnten die Basis für ein ganz neues Verständnis von Hörgesundheit bilden – weg vom Defizitmodell, hin zur aktiven Stärkung.
Für mich ist klar: Hearing Wellness ist ein Versprechen auf Teilhabe, Lebensqualität und Zukunft – unabhängig vom Dezibelwert.
Hören Sie gerne in die Episode "Exploring Auditory Wellness mit Dr. Larry Humes" rein.
Newsletter
Mit einer Anmeldung für unseren kostenfreien Newsletter erhalten Sie regelmäßig aktuelle Informationen rund um unser Unternehmen. Zudem erhalten Sie kostenfrei den Downloadlink zur begehrten Hörakustiker-Checkliste.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben